
Hej – sollte ich tatsächlich einmal auszuwandern, dann wird es mich auf jeden Fall nach Schweden ziehen. Ihr fragt euch warum ich von Schweden so begeistert bin? – das erzähle ich euch gern.
Seit vielen Jahren schon fahre ich nach Schweden. Gerne an wechselnde Orte, um möglichst viel von diesem tollen Land im Norden kennen zu lernen. Die schönste Jahreszeit ist der Sommer. Das Leben spielt sich draußen ab. Was gibt es schöneres als an einem See bei einem „Öl“ (so wird in Schweden das Bier genannt) die langen Abende zu genießen. Und auch der Herbst hat seine schönen Seiten denn die bunte Laubfärbung setzt früher ein als wir es kennen und die Nächte werden endlich immer länger. Die 8-wöchigen Sommerferien enden in Schweden aber bereits um den 15. August. Damit wird in vielen Regionen die touristische Saison beendet und viele Sehenswürdigkeiten haben danach nur noch reduzierte Öffnungszeiten. In den großen Städten merkt man das Ende der Saison nur daran, dass die einheimischen Touristen weniger werden. Im Sommer hat man daher definitiv mehr Erkundungsmöglichkeiten.
Ich persönlich genieße die Ruhe und die Freiheit sehr, die ein Ferienhaus zu bieten hat, deshalb bin ich immer mit dem Auto unterwegs. Anders wäre eine Reise nach und durch Schweden nur schwer möglich, denn sobald man sich fern ab von den Großstädten wie Stockholm, Göteborg oder Malmö bewegen möchte, muss man einfach mit einem eigenen Fahrzeug mobil sein. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass kein öffentliches Verkehrsmittel zu einem Ferienhaus fährt, das sieben Kilometer vom nächsten Ort entfernt liegt und nur über einen Feldweg zu erreichen ist.
Doch nicht nur wegen der Ruhe und der Freiheit ist das Ferienhaus meiner Meinung nach eine wunderbare Option für eine Reise nach Schweden. Hotels und Restaurants sind im Vergleich zu Deutschland bei Eigenbuchung oft recht teuer und nach meiner Erfahrung sind „die Schweden“ generell nicht die Menschen, die abends gerne auswärts essen gehen. Weitaus üblicher ist es in Schweden zu Mittag in einem Restaurant einzukehren. Meist gibt es spezielle Mittagsmenüs, die aus einem Hauptgang, einem Salat und Kaffee (häufig mit dem Hinweis „med potar“. also nachfüllen ohne Zusatzkosten“ versehen) bestehen. Dafür muss man nur circa zehn bis zwölf Euro ausgeben.
Auf keinen Fall sollte man zu viele Lebensmittel aus Deutschland mit in Richtung Norden nehmen, denn der Besuch in einem schwedischen Supermarkt ist ein Erlebnis für sich. Dadurch, dass viele Menschen eher auf dem Land verstreut, statt gebündelt in Ortschaften, leben, sind die Supermärkte in den Provinzzentren recht groß und sie haben zudem sieben Tage die Woche und sogar an Feiertagen geöffnet. Vergesst nicht. an den Bedientheken innerhalb des Marktes, beispielsweise beim Bäcker oder beim Metzger, eine Nummer zu ziehen. Was ihr außerdem wissen solltet: Viele Supermärkte führen nur abgepacktes Fleisch. Alles andere wird dort für furchtbar unhygienisch gehalten. Super finde ich die riesigen Süßigkeiten-Theken, an denen man seine eigene Tüte nach Lust und Laune füllen kann – so wie wir es meist aus dem Kino oder etwa von Weihnachtsmärkten kennen – die gibt es hier sehr häufig. Typisch ist es, zudem sich beim Einkauf die „Lördagsgodisar“ zu kaufen. Eine schwedische Besonderheit? Mitnichten. Es handelt sich um die Süßigkeiten die für den Samstagabend gekauft werden. Was sich allerdings lohnt, ist das Mitbringen von alkoholischen Getränken aus Deutschland, denn in schwedischen Supermärkten gibt es lediglich Bier zu kaufen und das für einen Preis, der deutlich über dem Deutschen liegt. Wie ihr bestimmt wisst, gibt es Wein und Hochprozentiges lediglich in speziellen Spirituosengeschäften zu kaufen – und diese haben im Vergleich zu Deutschland echt sehr hohe Preise. Elch- und Rentierwurst, als schwedische Köstlichkeiten, sollte man übrigens unbedingt versuchen. Und ein Elch- oder Rentierbraten ist eine leckere, fettarme, Fleischspezialität.
Tipp: Ganz wichtig für den Schweden ist seine „fika“ (Nein, das ist keine Sauerei 🙂 ). Hierbei handelt es sich um die Kaffeepause die gerne mit einer Kanelbullar (Zimtschnecke) eingenommen wird.
Die größte Sehenswürdigkeit in Schweden ist die Natur selbst. Es gibt unzählige ausgeschriebene Wanderwege zu erkunden. Manche davon sind gut besucht, auf anderen begegnet man keiner Menschenseele. Dennoch müsst ihr keine Angst haben, denn alle ausgeschriebenen Wege werden kontrolliert. Sofern ihr in einen der Nationalparks möchtet, müsst ihr euch am Eingang bei der Parkleitung anmelden. Für den Fall, dass ihr euch abends bis zu einer vereinbarten Zeit nicht wieder abgemeldet habt, stehen Suchtrupps bereit, die losgeschickt werden, um nach euch Ausschau zu halten. Zudem ist Schweden ein wahres Paradies für Kanuwanderer. Die zahlreichen großen Seen bieten an sich schon eine enorme Auswahl an unterschiedlichen Routen und die vielen Kanäle, welche die Seen miteinander verbinden, erweitern die Möglichkeiten noch einmal. Wenn man will, kann man also eine ordentliche Strecke über mehrere Tage und sogar Wochen mit dem Kanu zurücklegen. Und auch für Fahrradfahrer gibt es seit einigen Jahren ein immer größer werdendes Angebot.
Wusstet ihr, dass in Schweden im Gegensatz zu Deutschland und vielen anderen Ländern das „allemansrätt“, also das Jedermannsrecht gilt? Dieses besagt, dass ich in der Natur überall hin darf, wo es nicht ausdrücklich verboten ist oder es sich klar ersichtlich um ein eingezäuntes Privatgrundstück handelt. Schon mal versucht an einem großen deutschen Badesee den See an jeder Stelle zu erreichen und seinen Platz nach eigenem Gusto zu wählen? Vielfach ist das nicht möglich. Für Schweden einfach undenkbar.
Natürlich ist die Natur nicht das einzige, was Schweden zu bieten hat, obwohl die vielen Tiere, die es hier in freier Wildbahn zu beobachten gibt, schon toll sind. Habt ihr denn schon mal den europäischen Luchs, einen Bieber oder ein Rentier in freier Wildbahn gesehen? Hier könnt ihr, mit etwas Glück, tatsächlich einen Blick auf die seltenen Tiere erhaschen. Elche werdet ihr auf jeden Fall sehen!
Und Fans von Astrid Lindgren sollten auf jeden Fall die historische Provinz „Småland“, in der das Städtchen Vimmerby liegt, besuchen. Hier gibt es einen Erlebnispark, der sich „Astrid Lindgrens Welt“ nennt und jedes Kinder- und auch immer wieder mein Erwachsenenherz höher schlagen lässt. Innerhalb von einem Tag lässt sich hier schwer alles erkunden, was es zu sehen gibt, denn man kann sich nicht nur die Villa Kunterbunt, Karlssons Dach, den Katthult Hof und Bullerbü anschauen, es gibt auch unzählige Schauspieler, die immer wieder Episoden aus den Geschichten Lindgrens nachspielen.
Wenn in Schweden alle Kinder so frech wären, wie die aus Astrid Lindgrens Geschichten, dann weiß man auch woher die Schweden die Ruhe und Gelassenheit nehmen, die sie ausstrahlen. Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft werden jedenfalls ganz GROSSGESCHRIEBEN. Arbeitgeber achten hier tatsächlich darauf, das seine Mitarbeiter keine Überstunden machen. Und vier Wochen Urlaub im Sommer sind normal und stehen dem schwedischen Arbeitnehmer gesetzlich zu. Das führt dann im Sommer manchmal auch zu ungewollten Ergebnissen, denn dadurch kann es schon mal passieren das in weniger stark besiedelten Gebieten Polizeistationen und Krankenhäuser geschlossen werden.
Kulturell verankert ist auch ein Konzept, dass sich auf schwedisch „Jantelagen“ nennt. Es besagt, dass keiner besser ist als der andere und man sich niemals über eine andere Person stellen soll. Dazu kommt, dass der Schwede eine grundehrliche Haut ist. Als ich bei meinem ersten Aufenthalt in einem Ferienhaus den Besitzer nach dem Aufbewahrungsort für den Schlüssel gefragt hatte, antwortete der ganz verdutzt, dass der Schlüssel selbstverständlich im Türschloss stecken würde – und zwar außen. Einige Jahre später beschwerte sich ein anderer Einheimischer bei mir darüber, dass die Kriminalität so stark zunehmen würde, dass er sein Auto auf dem Land nicht mehr unabgeschlossen stehen lassen könne – in Deutschland absolut unvorstellbar.
Schon nach meinem ersten Besuch in Schweden war ich so begeistert von Land und Leuten, dass ich mich dazu entschieden habe, die schwedische Sprache zu erlernen. Unsere Übungsgruppe gibt es jetzt schon seit neun Jahren und da alle regelmäßig nach Schweden fahren, findet immer ein reger Austausch statt. Um uns ein bisschen Schweden ins heimische Deutschland zu holen, feiern wir viele Feste, wie etwa „Midsommar“ und „Julbord“, gemeinsam in unseren Familien. In Schweden ist Midsommar das zweitgrößte Fest, direkt nach Weihnachten, und wird nicht nur mit der Familie, sondern auch mit Freunden, Bekannten und Nachbarn gefeiert. Es findet am Samstag der Woche statt, in der die Sommersonnenwende, also der längste Tag im Jahr, liegt. In dieser Zeit wird es in den skandinavischen Ländern kaum dunkel und so wird im wahrsten Sinne des Wortes die Nacht zum Tag gemacht. Manch ein Zeitgenosse schießt sich allerdings bei dem Fest die Lichter aus. Mit selbstgebranntem „snaps“. 😉
Bis bald oder wie man in Schweden sagt „vi ses“, Hej do.
Thomas Kreibaum | Länderprofi für Italien