
Im Land der Feuerberge.
Noch mal ein paar Tage Sonne tanken war der Wunsch meiner Freundin und die Wahl fiel schnell auf die Kanarischen Inseln. Flüge und Hotelschnäppchen gab es so kurz vor Weihnachten genügend. Blieb nur die Frage, welche der Inseln für Kanarenneulinge, wie uns, wohl die Beste wäre. Am Ende haben wir uns wegen der grandiosen Landschaft für Lanzarote entschieden – und es nicht bereut.
29° 3′ N, 13° 37′ W. Mitten im Atlantik, etwa 1000 Kilometer südlich vom spanischen Festland und 140 Kilometer westlich Marokkos, liegt die nordöstlichste der sieben Kanarischen Inseln. Von Nord nach Süd misst sie keine 60 und in der größten Breite gerade mal 34 Kilometer. Genau richtig für unseren Kurztrip.
Lanzarote ist vulkanischen Ursprungs und Vulkanausbrüche haben drei Viertel der einst fruchtbaren Insel in ein bizarres Lavameer verwandelt, ausgespien aus mindestens 300 Kratern von fast 100 Vulkanen. Die letzte großen Ausbrüche ab dem 01. September 1730 dauerten fast 6 Jahre und die Lava bedeckte etwa 167 km² Lanzarotes. Dazu kamen noch zahlreiche Seebeben und im Timanfaya Nationalpark im Südwesten der Insel entstanden auf 18 Kilometern Länge 32 neue Vulkankegel. Dies waren die bedeutendsten Ausbrüche in der Geschichte des Vulkanismus. Die Landschaft ist karg und vegetationsarm. Abwechslungsreich ist anders, aber für mich war es der komplette Wahnsinn, welche bizarren Gesteinsformen in braun, grau und schwarz zu bestaunen sind. Die Lavafelder kann man heute wunderbar erwandern und stellen keine großen Herausforderungen dar und Wanderziele entlang der Küste oder im Bergland mit spektakulären Kraterbesteigungen gibt es genug. Wer nicht laufen möchte, kann auf Kamele steigen oder mit dem Fahrrad die Insel erkunden.
Uns war alles recht. Wir hatten 5 Tage Zeit, einen Mietwagen und ein Hotelzimmer am Ortsrand von Playa Blanca ganz im Süden. Nach 4,5 Std. Flug erwartete uns ein knallblauer Himmel und eine doch recht frische Brise. Lanzarote liegt in der Passatzone, so dass auf der Insel ganzjährig ein frischer Wind weht und man braucht abends einen warmen Pulli und zum wandern in jedem Fall eine wetterfeste Jacke. Windgeschütz kann man aber auch im Dezember locker im T-Shirt in der Sonne sitzen – herrlich. Der Standort ganz im Süden war auch perfekt. Wie geschrieben sind die Strecken über die Insel ein Witz und man kann von jedem Ort alle Ausflugsziele bequem in Tagestouren erreichen. Und das haben wir dann auch getan. Playa Blanca selbst ist ein typisches Touristenstädtchen mit Hotels, Restaurants und Shops und einer tollen Promenade, an der man herrlich bummeln, shoppen und gemütlich am Meer sitzen kann. Da die Kanaren als steuerrechtliches Sondergebiet gelten, sind die Preise auch relativ human. Man wird für ca. € 12,– knüppeldick satt und da ist der Wein und Espresso auch schon drin. Die schönsten Strände der Insel sind auch hier im Süden und mit dem Auto gut zu erreichen. Dort kann man auch abends noch in gemütlichen Strandbars den Sonnenuntergang genießen, auch wenn es uns zum baden zu kühl war. Der Temperaturdurchschnitt beträgt im Dezember etwa 17 °C und im August 25 °C. Das Meer hat jetzt noch 19 °C, aber irgendwann muss man ja wieder raus und bei dem kalten Wind ist eher was für Masochisten. Nur einige unerschrockene Engländer waren im Meer baden, aber die haben anscheinend ein komplett verqueres Kälteempfinden und sind uns auch im Gebirge in kurzen Hosen und Badelatschen begegnet.
Lanzarote ist klein und überschaubar und die Attraktionen liegen dicht beieinander. Die wenigen Straßen sind wir in den paar Tagen in beide Richtungen mehrmals gefahren. Morgens haben wir uns im Supermarkt mit spanischem Schinken, Oliven und Weißbrot eingedeckt und uns ein hübsches Plätzchen zum picknicken gesucht. Oder man kehrt einfach in eine der typischen Bars ein, setzt sich zu den Einheimischen und gönnt sich beispielsweise Papas arrugadas con mojo, was Pellkartoffeln mit Sauce und sehr lecker ist. Lanzarote soll eigentlich die trockenste der Kanarischen Inseln sein – eigentlich, denn bei uns hat es mindestens einmal am Tag heftig geschüttet, aber durch den permanenten Wind waren die Wolken im Nu wieder verweht und die Sonne kam zurück. Der Natur bringt das ein wechselhaftes Farbenspiel und uns eine Menge Regenbögen. Gräser, Flechten und Moose erobern die schwarzen Lavafelder zurück und geben tolle Fotomotive ab. Auch der Schatzsucher in mir hat eine Menge Spaß daran, nach grünen Olivinen zu suchen, die hier überall in der Lava eingeschlossen sind. Schnell vergessen wir dabei Zeit und Raum. Ein typisches Mitbringsel ist Schmuck aus Lavaperlen und den funkelnden Kristallen – sehr hübsch!
Auf dem Weg in den Norden nach El Golfo führt die Straße an den Salinas de Janubio vorbei, der größten Salzgewinnungsanlage Spaniens. Auf der Strecke begegnet uns keine Menschenseele und durch die bizarre Landschaft um uns herum kommen wir uns vor, wie auf dem Mond. Bis in die 1970er Jahre wurden hier noch bis zu 10.000 Tonnen Meersalz im Jahr für die spanischen Fangflotten zur Konservierung des Fischs gewonnen und die Salinen waren der größte Arbeitgeber in der Region. Heute verdienen noch zehn Salzbauern ihren Lebensunterhalt mit dem Salz, das auch als Speisesalz auf den lokalen Märkten verkauft wird und ein schönes Mitbringsel ist. Von der Straße aus kann man, je nach Sonnenstand, unterschiedliche Farben in den Salzbecken erkennen, die von Mikroorganismen verursacht werden. Die Region ist Naturlandschaft von nationalem Interesse, denn das salzliebende Ökosystem ist Brutgebiet einiger Vögel und auch Zugvögel überwintern hier.
Nur ein paar Kilometer weiter kommt man nach Los Hervideros, wo man vom Parkplatz aus einige Wege, Plattformen und Stege durch die Lavafelsen angelegt hat. Hier ist ein Lavastrom aus den Timanfaya-Bergen ins Meer geflossen und hat beim Erkalten eine grandios zerklüftete Küste hinterlassen. Je nach Windstärke ein atemberaubendes Schauspiel, wenn die Brandung an die Felsen und durch die Höhlen rauscht. Weiter an der Küste nach Norden, auf einer tollen kurvenreichen Panoramastrecke durch grandiose Lavalandschaft kommen wir nach El Golfo, einem zauberhaften Fischerdorf, das vor allem für seine tollen Fischrestaurants im Reiseführer empfohlen wird.
Schön auf Lanzarote – alle Häuser sind klein, quadratisch und weiß mit blauen (an der Küste) oder grünen (im Inland) Fensterläden – wirklich alle. Das ist Vorschrift, auch dass die Häuser nicht höher als eine Palme gebaut werden dürfen. (In den Touristenhochburgen sieht man das entsprechend lockerer, aber man wollte so dem Massentourismus und den Bettenburgen vorbeugen). In El Golfo ist das nicht anders. Eingebettet in die Lavalandschaft und mit einem knallblauem Meer im Hintergrund bilden die kleinen hingewürfelten Häuschen einen tollen Kontrast. Vom Parkplatz am Ortseingang läuft man über eine kleine Kuppe zur grünen Lagune, einem kleinen Salzsee, der seine Farbe durch spezielle Algen erhält. Leider regnet es gerade mal wieder und wir picknicken im Auto. Direkt an der Lagune gibt es einen kleinen schwarzen Sandstrand mit bunten Fischerbooten und beim bummeln durch den Ort mit den schmalen Gässchen begutachten wir neugierig die ausgehängten Speisekarten der Fischrestaurants. Und weil es hier auch ganz tolle Sonnenuntergänge geben soll, planen wir an einem anderen Tag noch einmal abends wieder zu kommen, was wir bei der kurvigen Heimstrecke dann aber schnell wieder verwerfen. Ganz am Ende des Ortes startet ein Wanderweg entlang der Küste, den wir ein kleines Stückchen gehen und der gut ausgeschildert ist. Was ein herrliches Fleckchen! Und wieder mal sind wir ganz alleine unterwegs.
Ein weiterer Ausflug führt uns durch das Weinbaugebiet (La Geria) im Landesinneren zum Kaktusgarten von César Manrique, einem Architekten, Maler und Bildhauer, der sich überall auf Lanzarote verewigt hat. In La Geria hat man eine besondere Art von Trockenfeldern angelegt, die auf den ersten Blick etwas merkwürdig wirken, sich aber als sehr effizient erwiesen haben. Kilometerweit hat man kreisrunde Mulden in den Boden gegraben, teilweise sogar noch kleine Steinmauern herum gestapelt. Darin befindet sich nur ein einziger Weinstock, dessen Wurzeln so wieder an fruchtbaren Boden gelangen und der vor Erosion und Klima geschützt ist. Der Einfallsreichtum der Weinbauern bringt durchaus einen leckeren Weißwein aus der Malvasiatraube hervor, den wir in den Bodegas entlang der Straße getestet haben.
Am Eingang des Kaktusgartens steht unübersehbar ein riesiger Metallkaktus. Der Garten selbst ist toll mit Terrassen, Wegen und Wasserspielen angelegt und man findet über 1000 verschiedene Pflanzenarten und eine alte Windmühle vor, von der man einen guten Überblick hat. Hier verbringen wir den halben Nachmittag, so schön ist es hier. Nur ein paar Kilometer weiter ins Landesinnere ist die Cueva de Los Verdes, an der eigentlich nichts grün ist. Hier hat sich vom Vulkan La Corona ein Lavastrom seinen 6 Kilometer langen Weg ins Meer gebahnt. Nach und nach erkaltete die Oberfläche, doch die Lava im Inneren floss weiter und bildete einen einzigartigen Tunnel, durch den man laufen kann. Es ist das längste vulkanische Gangsystem der Welt und ziemlich spektakulär, durch das Innere der Erde zu klettern. Da auch hier wieder kaum Besucher waren, mussten wir nur 10 Minuten warten, bist die nächste Führung begann. Durch verschiedene Galerien, die mit einem Weg und steilen Treppen verbunden sind, haben die Betreiber die verschiedenen Felsformen ausgeleuchtet und ganz am Ende wartet noch eine ganz erstaunliche Überraschung, die ich aber nicht erzähle, damit ich euch nicht den Spaß verderbe. Die Eintrittspreise sind insgesamt noch recht human. Für den Besuch der Höhle mit 1 stündiger Führung hätten wir ausländische Erwachsene 9,– Euro bezahlt, aber wir hatten uns gleich am Anfang ein Kombi-Eintrittsticket gekauft, das es für 3, 4 oder 6 Sehenswürdigkeiten gibt und bis 14 Tage Gültigkeit hat. Mit dem gleichen Tunnelsystem verbunden, aber für die Öffentlichkeit mit separatem Eingang am Meer, gibt es noch Jameos de Aqua, ein von Manrique angelegtes Gelände mit Konzerthalle und verschiedenen Lokalitäten. Kann man besuchen, muss man aber nicht. In einem See gibt es eine Kuriosität zu sehen: Kleine weiße blinde Krebse, die sonst nur im Meer bei etwa 2.000 Metern Tiefe vorkommen. Im oberen Stock findet man eine kleine Ausstellung über die verschiedenen Vulkanischen Aktivitäten auf den Kanarischen Inseln mit interaktiven Schautafeln, die aber meist nicht funktionierten. Schön erklärt und anschaubar sind aber die verschiedenen Gesteins- und Lavaarten.
Wer ein Auto hat, darf in keinem Fall den Norden der Insel mit dem Mirador del Rio verpassen. Hier haben wir eine wunderschöne Wanderung entlang einem alten Viehweg gemacht. Herrliches Wetter und eine grandiose Aussicht auf die autofreie Insel Graciosa brachten uns einen tollen Tag. Allein die Fahrt über die kurvigen Passstraßen sind ein Erlebnis und im Gegensatz zum Süden ist die Insel hier sogar recht grün.
Als erste vollständige Insel wurde Lanzarote 1993 von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt, was sie der einzigartigen Vulkanlandschaft zu verdanken hat. Bei unseren Touren kamen wir meistens aus dem Staunen nicht mehr heraus, aber was man unbedingt gesehen haben muss ist der Timanfaya Nationalpark. Er wurde 1974 zum achten Nationalpark Spaniens erklärt und wird oft auch als Montañas del Fuego (Feuerberge) bezeichnet. Über eine breite asphaltierte Straße erreicht man den Parkeingang und wir wundern uns über die „Vorsicht Stau“-Schilder. Doch wir sind früh dran und auf dem Rückweg wissen wir warum. Der Zugang zum Park ist begrenzt und selbst um diese Jahreszeit ist der Andrang so groß, dass mehrere Busse und Autos an der Straße warten müssen. Vom Eingang fährt man erst mal selbst bis zu einem Besucherparkplatz. Die eigentliche 14 Kilometer lange Rundfahrt mitten durch Täler und Vulkane kann nur mit parkeigenen Bussen unternommen werden, die im 10 Minuten-Takt fahren. Aus 350 Meter Höhe hat man einen atemberaubenden Blick über diese wahnsinnige Größe der Lavafelder, unglaubliche 8 Millionen Kubikmeter Lava sind hier über das Land geflossen. Der Bus stoppt zwar an besonders schönen Aussichtspunkten, man darf aber nicht aussteigen. Trotzdem: Kamera nicht vergessen. Die Fahrt dauert etwa 20 Minuten und Erklärungen gibt es in Spanisch, Englisch und Deutsch. Absolut sehenswert und beeindruckend, eine Landschaft, als sei das ganze gestern erst passiert. Es gibt hier kaum Niederschläge und nur wenige Flechten erobern das Gestein zurück und bilden farbige Tupfer in der öden Landschaft. Und irgendwie passt der Name Feuerberge ja auch noch, denn nur wenige Meter unter der Oberfläche beträgt die Temperatur noch 400 °C, was man nach der Rundfahrt von einem Mitarbeiter noch eindrucksvoll demonstriert bekommt. Ein Busch geht in einem ausgehobenen Erdloch sofort in Flammen auf und mit einem eingelassenen Rohr kann man einen künstlichen Geysir erschaffen. Explosionsartig schießt eine Dampffontäne mehrere Meter in die Luft, als Wasser in das Rohr gegossen wird. Im Restaurant El Diablo mit tollem Rundblick wird mit der Erdwärme sogar gekocht. Mein Tipp: Nutzt den frühen Vormittag (der Park öffnet um 09.00 Uhr) oder den späten Nachmittag ab 15.00 Uhr für einen Besuch (letzte Rundfahrt 17.00 im Sommer 18.00 Uhr), hier ist der Andrang am Geringsten.
Mein Fazit: Kamera, Windjacke und Wanderschuhe einpacken und los gehts. Wer Ruhe und Sonne tanken, gut essen und trinken, günstig shoppen und trotzdem was erleben will, der ist hier in den Wintermonaten genau richtig. Für ein paar Tage gibt es genug zu sehen und erleben und wer mutig genug ist, kann auch noch an wunderschönen Stränden baden gehen.
Stefanie Häuser, DTP | Grafik