San Sebastián – Kulturhauptstadt 2016


Kaixo (Hallo), schönes Baskenland!

Leben, wo andere Urlaub machen. Das dachte ich mir, als ich für vier Monate nach Spanien ging und mir das schöne Städtchen San Sebastián (baskisch Donostia) aussuchte. Die Stadt gehört zur spanischen autonomen Gemeinschaft Baskenland und liegt an der Bucht La Concha (deutsch = Muschel) direkt am Golf von Biskaya im Norden Spaniens. Gleich in den ersten Tagen habe ich die Stadt in mein Herz geschlossen. Sie hat dieses typisch maritime und südländische Flair, drei wunderschöne Strände, grüne blumenreiche Parks mit Meerblick und im Schatten der Festung eine geometrisch angelegte Altstadt im Belle-Époque-Stil. Das ganze Leben spielt sich draußen ab, was bei dem Wetter keine große Kunst ist. Genauso hatte ich es mir vorgestellt. In den Sommermonaten ist die Stadt voller junger Leute, hauptsächlich Sprachschüler und Erasmus-Studenten, die ein Auslandssemester absolvieren. Entsprechend kunterbunt ist auch das Abend- und Nachtleben in den vielen Bars der Altstadt (Parte Vieja). Auch Surfer gibt es hier viele – sehr nett anzusehen 😉

Gewohnt habe ich bei einer Familie, die mir die Sprachschule vermittelt hatte. Die ersten vier Wochen waren Sprachkurse angesagt, um mein (laienhaftes) Schulspanisch auszubauen. Ich habe anfangs wirklich überhaupt nichts verstanden, aber auch dank meiner Gastmutter, die kein Wort englisch sprach, lernte ich es recht schnell. Mir blieb ja auch nichts anderes übrig und eigentlich war dies ja auch Sinn und Zweck des Ganzen 😀 Nach den vier Wochen Sprachschule und einem sehr entspannten Alltag zwischen Meer, Strand und abendlicher Feierei wurde es dann ernst: 3 Monate Praktikum im 4*-Hotel Astoria 7. Hier fiel mir dann erst einmal auf, wie viele Dialekte diese Sprache doch hat. Die Basken verstand ich inzwischen ganz gut, solange sie beim Spanischen blieben und nicht anfingen baskisch zu sprechen. Aber kam ein Andalusier ins Hotel, stand ich wieder da und verstand nicht viel… Aber nach circa einem weiteren Monat war auch das gelernt und ich fing sogar an französisch zu verstehen ohne jemals ein Wort dazu in der Schule gelernt zu haben 🙂 Endlich war ich angekommen!

San Sebastián ist sicherlich eine der romantischsten Städte der Welt mit einem unglaublichen kulturellen Angebot. Die Kinostadt mit ihren jährlichen internationalen Film-Festspielen (Donostia Zinemaldia) im September ist absolut zu Recht 2016 europäische Kulturhauptstadt geworden. Das Festival läuft, im Gegensatz zu Venedig oder Cannes, hier noch recht beschaulich ab und man kann den großen Kinostars und Sternchen auf dem Red Carpet oder vor ihrem Luxushotel (zumeist das 5*- Hotel Maria Cristina) ganz nahe kommen. Dazu gibt es auch noch ein Klassik- und Jazzfestival und das ganze Jahr jede Menge weitere kulturelle Veranstaltungen. Auch Kunstliebhaber kommen nicht zu kurz, es gibt jede Menge Theater und Museen, u.a. den neueren San-Telmo-Palast, der sich architektonisch meisterlich zwischen ein altes Dominikaner-Kloster und den Haushügel Monte Urgull quetscht und alt und neu, Stadt und Natur, wirklich sehr gut miteinander verbindet.

Ein ganz großes Thema ist hier natürlich das Essen 🙂 San Sebastián ist Welthauptstadt der Gastronomie und hat mehr Michelin-Sternerestaurants pro Einwohner als in Paris und Tokio zusammen! Kaum ein Hotel hat ein eigenes Restaurant, denn das Angebot in der Stadt ist wirklich unschlagbar. Durch die vielen jungen Menschen gibt es aber auch ausreichend Angebote für den kleinen Geldbeutel. Unbedingt probieren müsst ihr die Tapas, die hier Pintxos heißen! In der Altstadt wimmelt es nur so von diesen Bars. Wer Fisch mag sollte unbedingt das Restaurant Joanito Kojua besuchen. „Direkt vom Meer auf den Teller“ – einfach nur lecker. Probiert unbedingt auch die kleinen Gildas (würzige Spießchen) und dazu natürlich ein Glas Txakoli, einen baskischen Weißwein. Ganz toll und direkt gegenüber vom Surferstrand La Zurriola gelegen, ist das Restaurant Itxas Magalean – mein absoluter Favorit mit herrlichem Ausblick aufs Meer! Eine Tücke dieses zweisprachigen Städtchens ist, dass viele Speisekarten auf baskisch geschrieben sind. Hier kann nur ein Wörterbuch oder eine nette Bedienung helfen, denn das Baskische ist absolut nicht von irgendwas abzuleiten.

Wenn ihr nicht gerade am Essen seid, könnt ihr an der grandiosen Strandpromenade entlang flanieren. Jede freie Minute habe ich mit meinen Kollegen hier verbracht. Der Stadtkern samt den drei Stränden ist zu Fuß wunderbar zu erkunden. Je nach Laune entscheidet ihr, ob ihr junge Leute und viel Wellengang am La Zurriola bevorzugt oder die umwerfende Aussicht auf die Isla Santa Clara von der Bucht La Concha oder dem anschließenden Strand Ondaretta genießen wollt. Am Ende des Strandes Ondaretta findet ihr auch den Peine del Viento (Windkamm). Ein Kunstwerk von Eduardo Chillida und Peña Gantxegi, die mit ihren gigantischen Skulpturen die Kraft des Meeres zeigen. Je nach Wellengang spritzt hier das Wasser andere Muster – Wahnsinn!

Die baskischen Einwohner nennen sich „Donostiarrak“ und sind schon zum schnellen Einkauf um die Ecke sehr chic angezogen – passend zur Stadt, denn San Sebastián ist eine elegante, sehr geschmackvolle Stadt und gilt als schönstes Seebad Spaniens. Durch die geometrisch angelegten Straßen, die vielen Brücken und an den beiden Hausbergen Monte Urgull im Osten und Monte Igueldo im Westen könnt ihr euch gut orientieren. Für einen ersten Überblick genießt am besten die wahnsinnig tolle Aussicht vom Monte Igueldo aus. Hier kommt ihr gut mit dem Auto hin oder ihr nehmt die Seilbahn vom Plaza del Funicular. Auf den Monte Urgull könnt ihr prima wandern. Mit seiner 12 Meter hohen Jesus-Statue und dem Castillo de la Mota dominiert er das Stadtbild und ist ein beliebtes Ausflugsziel. Der baskische Stadtname Donostia ist ebenso wie der spanische Name San Sebastián aus dem Namen des heiligen Sebastian entstanden.

Panoramablick vom Monte Igueldo auf La Concha, San Sebastán und die Isla Clara

 

Wer länger bleibt, nutzt die tolle Lage der Stadt für Ausflüge in die Umgebung. Es sind nur 20 Kilometer bis zur französischen Grenze und die Fischerdörfer an der Küste haben einen ganz besonderen Charme. Ganz bezaubernd fand ich Hondarribia mit seinen pittoresken bunten Häusern und der komplett erhaltenen Stadtmauer – das müsst ihr euch ansehen. Auch Pamplona oder Biarritz sind nur eine Stunde entfernt und die Natur in der Umgebung ist wunderschön.

 

Das Klima ist mit milden Wintern und angenehmen Sommern maritim. Bei Unwetter sollte man sich allerdings ganz schnell in Sicherheit bringen, denn der Regen kommt oft rasch und ist so heftig, dass der ins Meer mündende Fluss Urumea die Brücken überspült. Nicht unterschätzen darf man dann auch die Kraft des Meeres. Ein neu angelegter Spazierweg entlang der Klippen war schon nach wenigen Wochen wieder geschlossen, da ihn die Wellen zerstört hatten.

Das blutige Bestreben um die Unabhängigkeit der Basken ist zum Glück schon seit Jahren beendet, doch Polizei und Militär ist noch allgegenwärtig. Davon darf man sich aber nicht erschrecken lassen – wir wurden auch an der französischen Grenze gefilzt und mussten sogar unsere Brotdosen ausräumen. Im Allgemeinen sind die Menschen hier aber sehr gastfreundlich und lebensfroh. Wenn man auf einer Parkbank sitzt und plötzlich pfeift oder singt, ist das völlig normal. Normal ist auch, wie überall im Süden, dass grüne Ampeln und Zebrastreifen reine Dekoration sind. Pünktlichkeit? Wo denkt ihr hin? Als ich mein Vorstellungsgespräch im Hotel hatte, gab es den Tipp vom Sprachlehrer, bloß nicht pünktlich oder gar zu früh zu sein. Das ist hier fast schon unhöflich! Ich deutsche Natur war vor lauter Aufregung viel zu früh und musste mich fast noch eine Stunde „verstecken“. Ist diese Gelassenheit nicht herrlich? Manchmal vermisse ich das wirklich sehr.

Dieses Städtchen hat so unglaublich viel zu bieten – das müsst ihr euch einfach mal selbst ansehen!

Franziska Henning | Quality Management bei Service-Reisen