
Über Stock und Stein durch Deutsch-Südwestafrika.
Das traumhafte und wunderschöne Namibia hat unzählige Highlights zu bieten. In Büchern und im Netz sind fast alle Informationen vorab zu bekommen und auch wir haben schon grob unsere Tagesetappen im Vorfeld geplant. Wie schon in meinem ersten Blog zu Namibia geschrieben, sind wir zu dritt mit einem Nissan-Geländewagen samt kompletter Ausrüstung und zwei Dachzelten in Namibia unterwegs. Fünf Wochen wollen wir größtenteils offroad das Land erkunden und dabei natürlich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten ansteuern. Dafür braucht man neben einer gehörigen Portion Optimismus auch gutes Wetter, aber vor allem gutes Kartenmaterial und GPS. Wir hatten für unser Garmin 60csx Karten von Tracks4africa.ch und die waren echt super.
An Tag 6 unserer Reise waren wir schon im Etosha-Nationalpark und weil wir das passende Fahrzeug haben, sind wir querfeldein über Kamanjab und Khowarib nach Ongongo gefahren. Was für ein Spaß. Erste Bewährungsprobe für den Magen und die Nerven – aber allen geht’s super gut.
Ursprünglich wollten wir durchs Kaokoland nach Norden, aber während der Regenzeit scheint dies keine gute Idee zu sein. Schlammpisten sind für alle Offroad-Fans zwar unglaublich verlockend, aber wir wollten nicht gleich zu Beginn der Reise das Risiko eingehen, irgendwo stecken zu bleiben. Namibia hat die geringste Bevölkerungsdichte der Welt und es könnte Tage dauern, bis Hilfe kommt.
Nahe Ongongo gibt es einen kleinen Wasserfall mit wunderschönem Naturpool. Hier ist es wirklich traumhaft schön und nach der abenteuerlichen Anfahrt über eine staubige Steinpiste und durch eine kleine Furt haben wir uns ein erfrischendes Bad verdient. Leider ist der Wasserfall schon lange kein Geheimtipp mehr und auf dem letzten Stück Weg werden wir von Kindern belagert, die den Staub des Autos schon von weitem gesehen haben. Sehr dreist werden Bonbons oder Kaugummis gefordert. Wer keine hat, wird mit Steinen beworfen. Was soll ich sagen, gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht.
Direkt am Pool könnten wir zwar wunderbar campen, aber wir wollen weiter Richtung Süden und in Seisfontein auch noch unsere Vorräte auffüllen. Das Fort dort wurde gebaut, als Namibia noch Deutsch-Südwestafrika hieß und sollte Schmuggel und Wilderei verhindern. Heute ist es eine Luxus-Lodge. Ganz in der Nähe finden wir für die Nacht das bezaubernde Camel Campsite. Von der Open-Air Dusche sind wir hellauf begeistert und die beiden „Grazien“ vom Camp sind auch total nett und lassen uns umgehend Brennholz bringen. Damit muss man unter einem Wassertank, der aussieht wie eine Bombe, erst einmal Feuer machen, bevor es eine heiße Dusche gibt. Uns war vorher klar, dass diese Reise kein Luxus-Trip wird, aber hier bekommt rustikal noch einmal eine ganz andere Bedeutung.
Wegen einem Streit zweier Affenbanden war an Ausschlafen nicht zu denken. Ein schneller Kaffee beim „Affengucken“, Dachzelt zusammenklappen und wir sind startklar. Ich bin nach wie vor begeistert von der Konstruktion dieser Dachzelte. Ruck-Zuck ist alles verpackt und auf einer etwa zwölf Zentimeter dicken Schaumstoff-Matratze konnten wir sehr bequem schlafen.
Am Veterinär-Zaun nahe Palmwag müssen wir unsere Kühlbox ausräumen und dürfen unser gestern gekauftes Kudu (Antilopenart) nicht mitnehmen. Es ist grundsätzlich nicht erlaubt irgendwelches Fleisch und Milchprodukte über diese Veterinärzäune ohne Genehmigung zu transportieren. Eine Ausnahme ist dieser Zaun innerhalb Namibias, doch ausschließlich von Süden nach Norden. Wir kommen von Norden und brutzeln unser Abendessen eben gleich direkt vor Ort (gebraten dürfen wir es mitnehmen)!
Diese „rote Linie“ dient eigentlich dem Seuchenschutz gegen Rinderpest und Maul- und Klauenseuche, doch bis zur Unabhängigkeit 1990 konnte man damit auch die im Norden lebenden Stämme leichter vom restlichen „weißen“ Namibia fernhalten. Auch wir müssen mehr ausräumen als nur die Kühlbox – sie suchen nach Waffen potentieller Wilderer. Für uns kein Grund zur Sorge, aber irgendwie unheimlich ist es trotzdem. Als Vegetarier nach Namibia zu reisen, kann ich übrigens nicht empfehlen. In den Supermärkten gibt es zwar auch alles an Gemüse zu kaufen, aber an der ganzen Palette „Game“ (Wild) kommt man kaum vorbei. Wir haben uns während der Tour querbeet durchs Angebot gefuttert – grandios lecker, was sicher auch am Futter des Futters lag. 😉 Das hatte sicher keine Antibiotika zum Nachtisch.
Und dann passiert es trotz besseren Wissens – wegen der ganzen Aufregung vergessen wir in Palmwag zu tanken. Fatal, wie sich aber erst am nächsten Tag herausstellte.
Steinalt und steinreich – das Damaraland
Hier im Nordwesten sind wir im Damaraland. Diese landschaftlich unglaublich reizvolle, karge und wilde Region ist ein Offroad-Paradies. Wir sind völlig fasziniert von dieser grandiosen Landschaft mit den bizarren Felsen und steinigen Ebenen im Schatten von Grootberg-Plateau und Brandberg West. Ganz selten treffen wir auf Menschen und Siedlungen, dafür gibt es hier noch wild lebende Nashörner und seltene Wüsten-Elefanten – und den Petrified Forrest (versteinerter Wald). Auf einem Feld sind über 50 fossile Baumstämme verstreut, die bis zu 300 Millionen Jahre alt sind. Die größeren Stämme sind in Stücke zerbrochen, aber man kann noch Rinde und Jahresringe erkennen. Seltsamerweise steht das Areal nicht unter Naturschutz und es gibt auch keinen Aufpasser. Aber es war schon spät und vielleicht hatten die auch schon Feierabend gemacht. Wir erkunden den Wald trotzdem und sind dabei sehr vorsichtig, nichts kaputt zu machen.
Wenn es zeitlich passt, sollte man unterwegs einen Abstecher auf den Grootberg-Pass (1540m) machen. Der Blick reicht atemberaubend weit und die Grootberg-Lodge serviert ein kühles Bier an einem grandiosen Infinity-Pool.
Gleich in der Nähe liegen noch die Organ Pipes (Orgelpfeifen), eine geologische Formation ähnlich dem Giant’s Causeway in Irland, allerdings deutlich kleiner. Trotzdem ganz nett, wenn man schon mal in der Nähe ist. Genauso geht es uns mit dem verbrannten Berg, der abends durch die Sonneneinstrahlung mit rot-violettem Farbenspiel in Flammen zu stehen scheint. Den Rest des Tages ist er allerdings nur ein schwarzer Hügel.
Von zweifelhafter Quelle und verbrannten Bergen bis zum Atlantik
Etwa 30 Kilometer südlich liegt ein weiteres Highlight – das UNESCO-Weltkulturerbe Twyfelfontein mit tausenden prähistorischen Felszeichnungen und Ritzungen. Den Namen haben ihm weiße Siedler gegeben, da die Wasserquelle wiederholt versiegte und nicht zuverlässig war. Die Darstellungen von Tieren und Jagdszenen liegen offen an Sandsteinhängen und sind auf einer angelegten Rundtour mit einem Führer zu besichtigen, um Vandalismus und Diebstahl zu verhindern. Der Eintritt ist mit circa 50 N$ p.P. für namibianische Verhältnisse teuer, aber es lohnt sich. Die Zeichnungen sind sehr detailliert und gut zu erkennen. Auch unser Guide Reinhold war sehr bemüht und seine Trinkgeld-Forderung angemessen, was hier nach anderen Reiseberichten oft nicht der Fall sein soll.
Dann viel uns aber auf, dass wir unser Auto noch irgendwo mit Benzin versorgen müssen und nun die direkte Anfahrt zum Ugab Rhino Camp über den Doros Krater wegen nicht vorhandener Tankmöglichkeit versäumen. Das Geheule war entsprechend groß, nutzte aber nix. Danach ist uns das nie wieder passiert.
Das Ugab Rhino Camp liegt mitten in den Brandbergen (nicht zu verwechseln mit dem verbrannten Berg) und unterhält einen rustikalen Selbstversorger-Campingplatz mit Dusche und Toilette. Es gibt ein kleines Informationszentrum und die Übernachtungskosten gehen als Spende an den „Save the Rhino Trust“. Zur Anreise wird, trotz unserem Umweg, ein Allrad benötigt und gelegentlich besuchen auch Buschelefanten das Camp. Wir fanden es hier unglaublich schön und haben dann sehr früh am nächsten Morgen erst einmal die Gegend zu Fuß erkundet.
Da der Ugab River nur zeitweilig Wasser führt, konnten wir über den Elephant Flash Food Trail auf direktem Weg zum Atlantik fahren. Nach dieser grandiosen, aber doch sehr kargen Gegend haben wir uns so auf’s Wasser gefreut, dass wir am Strand erst einmal eine ausführliche Mittagspause verbracht haben. Die Brandung ist der absolute Wahnsinn, aber das Wasser saukalt und beim Fahren muss man höllisch aufpassen – schnell steckt man sonst in Treibsand fest.
Schiffbruch in der Wüste
Der Skelettküsten-Nationalpark besteht aus zwei Teilen. Der südliche Abschnitt ist frei zugänglich, aber in den nördlichen Teil darf man nur als Gast einiger Reiseunternehmen oder mit entsprechender Konzession. Die heftige Brandung, Nebel und unberechenbare Strömungen machen die Küste sehr gefährlich. Hunderte Schiffswracks, die wie Skelette am Strand liegen, bieten makabere Fotomotive. Für die Buschmänner hieß die Küste „das Land, das Gott im Zorn erschuf“. Gestrandete Seeleute hatten keine Überlebenschance in dieser feindlichen Umgebung, was sehr eindrucksvoll in dem Buch „Skelettküste“ von John H. Marsh geschildert ist.
Für uns geht es, ohne die entsprechende Lizenz, weiter nach Süden zum Cape Cross Seal Reserve. Von Vorteil, wenn man hier gehörlos und anosmisch ist. Was für ein Spektakel. Tausende Robbenbabys, die sich hier in kleinen Kindergärten „zusammenrobben“ und auf ihre Mutter warten, die hoffentlich gesund vom Jagen aus dem Meer zurückkommt und dann laut nach ihrem Jungen schreit. Durch den Fischreichtum an der Küste hat sich hier eine der größten zugänglichen Ohrenrobben-Kolonien mit bis zu 250.000 Tieren gebildet. Längst sprengt die Kolonie, die zu ihrem Schutz angelegte kleine Mauer. Die Tiere liegen mittlerweile auf der Straße im Bushaltestellenhäuschen und man kann ganz nah an sie herankommen. Die gewaltigen Männchen sollte man dabei aber im Auge behalten – besser man findet nicht heraus, wie schnell die sind.
Die Nacht verbringen wir beim Fisherman’s Inn, einem kleinen Restaurant mit Bar, einem Erdmännchen namens Ossi – und mit einer Menge verrückter Deutsch-Namibier, die ihre Weihnachtsferien hier am Meer verbringen – mitten im Nichts. Sie sind allesamt Angler und so gab es leckeren Fisch zum Abendessen, zu dem wir herzlich eingeladen waren. Da wir dann auch noch bei diversen Schnaps- und Rotweinrunden mittrinken mussten, wurde die Nacht noch sehr lustig und ziemlich lang.
Wir haben Weihnachten nicht am Meer, jedoch an einem ganz besonderen Ort gefeiert. Bis dahin war es aber noch ein weiter Weg, von dem ich euch dann in meinem nächsten Blog berichten werde.
Stefanie Häuser, DTP | Grafik