Posener Stadtspaziergang


Die Stadt Posen (polnisch Poznan) im Westen Polens war Handelsstadt, Königssitz und ist heute ein wirtschaftliches Zentrum des Landes. Bei einem Stadtbummel kann man die Schönheit der Stadt richtig genießen.

Mehrere Tage für einen Städtetrip habe ich leider nicht, da noch heute später am Tag mein Flug zurück nach München geht, aber die Gelegenheit zu einem Stadtbummel durch Posen will ich mir nicht entgehen lassen. Die Chance ist günstig, da das Hotel, in dem ich untergebracht bin, ziemlich nahe am Zentrum liegt. Zehn, fünfzehn Minuten soll es bis zum Alten Markt – dem Herz der Altstadt – dauern, sagt man mir an der Rezeption und so marschiere ich einfach mal los.
Durch die schnurgerade Straße Skolna komme ich schnurstracks zum Alten Markt, der Fußweg hat keine zehn Minuten gedauert und dabei bin ich gemütlich an den Schaufenstern der zahlreichen Geschäfte entlang gebummelt. Der Marktplatz mit dem Rathaus, den zahlreichen Brunnen und den liebevoll restaurierten Häusern ist ein echtes Schmuckstück. Er ist wirklich das Herz der Stadt, der fünftgrößten Stadt Polens. Posen hat etwas über 540.000 Einwohner – die Größe ist also vergleichbar mit Leipzig – und ist eine lebendige Industrie-, Handels- und Messestadt.

Die Stadt hat eine lange und bewegte Geschichte, erstmals erwähnt wurde der Name der Stadt im 10. Jahrhundert und Posen war damals der erste polnische Bischofssitz. Posen war eine wichtige Festung und in der Kathedrale der Stadt wurden die ersten Herrscher Polens bestattet. Im 13. Jahrhundert regierte hier im Königsschloss der polnische König und die Stadt wurde auch dadurch zu einem wichtigen Handelszentrum. Später siedelte sich hier auch Industrie an, heute befindet sich in der Nähe der Stadt unter anderem ein VW-Werk und auch der innovative polnische Bushersteller Solaris.


Einen Eindruck davon, wie wohlhabend die Stadt schon früher war, bekommt man am Marktplatz. Das wohl prachtvollste Gebäude ist das historische Rathaus, das aus der Zeit stammt, als Posen eine der wichtigsten Handelsstätten Polens war. Der Handel brachte Geld und das investierte man in Posen unter anderem in das Rathaus. Mit dem Bau beauftragten die Posener Stadtväter den Tessiner Architekten Giovanni Battista di Quadro. Dieser aus Lugano stammende Bauherr gestaltete zwischen 1550 und 1567 das Rathaus im Stil der Renaissance, mit seiner Loggia und den vielen Staturen gilt es als eines der schönsten Renaissance-Bauwerken nördlich der Alpen. Diesen Anblick genießen, kann man bei einem Bummel über den Alten markt oder aber man setzt sich in eines der vielen Restaurants oder Cafés, die es auf dem großen Platz gibt und die alle auch Sitzplätze draußen anbieten, wo man jetzt im Frühling herrlich in der Sonne sitzen kann.


Ein echter Hingucker auf dem Platz sind auch die Brunnen. Es gibt einen Mars-, einen Apollon- und einen Neptunbrunnen, die alle prachtvoll mit Statuen geschmückt sind. Am besten aber gefällt mir der Brunnen mit der Bamberka Figur. Der vergleichsweise kleine Brunnen steht zwischen den Häusern und man muss ein wenig suchen, um ihn zu finden. Die Figur auf dem Brunnen zeigt eine Frau, die zwei riesige Kannen trägt. Gekleidet ist die Figur in eine üppige Tracht. Die Brunnenfigur erinnert an die Posener Bamberger, Nachkommen der aus dem Gebiet des fränkischen Bambergs kommenden Siedler. Ihre Vorfahren waren im 18. Jahrhundert in die Region um Posen gekommen, wo nach Kriegen und den darauf folgenden Seuchen weite teile des Landes entvölkert waren. Die Posener Ratsherren hatten daher Siedler aus Oberfranken gerufen, um sie in dem verlassenen Gebiet anzusiedeln. Rund 100 Familien folgten diesem Ruf. Die Polen nannten diese deutschstämmigen Nachbarn „Bamber“. Die Siedler integrierten sich sehr schnell, behielten aber ihre Familiennamen und auch ihre Tracht bei.


Nachdem ich den Alten Markt mehrmals umrundet habe, biege ich in eine Seitenstraße ab und komme durch die Gasse mit Kopfsteinpflaster zu einem grandiosen Barockgebäude. Das in den Farben rot und weiß gehaltene Bauwerk ist das Jesuitenkolleg, das Anfang des 18. Jahrhunderts von einem italienischen Architekten erbaut wurde. Wohl deshalb strahlt der ganze Komplex mit seinen Verzierungen, dem großen Hof und dem Arkadengang eine südländische Leichtigkeit aus. Es macht Spaß, hier hocken zu bleiben, auch wenn eine Schulklasse nach der anderen lärmend und lachend hier vorbeizieht, während ich hier bin.

Posen_Cafe_1
Bummeln macht hungrig und durstig und so biege ich nach dem Verlassen des Jesuitenkollegs kurzerhand in das nächste Café ab. Das Schild mit der Aufschrift „Coffee is the reason you’ll smile today“ ist dann doch eine zu verlockende Einladung. Wer immer das geschrieben hat, er oder sie hat nicht zu viel versprochen; nach dem ersten Schluck Kaffee bin ich glücklich und zufrieden sowie fest entschlossen, doch einmal für mehr als nur einen Stadtbummel nach Posen zurückzukehren.
Tipp zur Anreise: Posen hat einen Flughafen, der von mehreren deutschen Flughäfen aus angeflogen wird. Von Berlin aus kommt man auch schnell und direkt mit der Bahn nach Posen. Mehrmals täglich fährt vom Berliner Hauptbahnhof ein Eurocity nach Posen, der nur knapp drei Stunden für die Strecke benötigt.

Thomas Burgert | Freier Journalist und Service-Reisen Presseverantwortlicher