Sarah in London – „The show must go on“


Musicals habe ich schon immer geliebt, aber erst seit ich in London lebe, habe ich die Gelegenheit, diese Liebe auch auszuleben. Diejenigen unter euch, die Gießen etwas besser kennen, wissen, dass es dort zwar ein tolles Stadttheater gibt und im „Keller Theater“ kann man sogar Stücke auf Englisch ansehen, aber mit den allein 40 Theaterhäusern im West End der englischen Hauptstadt ist das natürlich ganz und gar nicht vergleichbar.

Dementsprechend nutze ich gerade jede Gelegenheit und besuche regelmäßig eine der vielen Shows. Meistens buche ich meine Tickets vorab über Encore Tickets oder Love Theatre – nur zwei der über 100 Ticketseiten in den Weiten des Internets. 😀 Auf einen Besuch der Seite „Seatplan“ solltet ihr übrigens nicht verzichten! Hier findet ihr Rezensionen zu den Sitzplätzen und der jeweiligen Aussicht auf den vielen verschiedenen Bühnen der Stadt. So könnt ihr sicher gehen, dass ihr bei euren Plätzen keinen Pfosten vor der Nase habt und nur die Hälfte des Spektakels sehen könnt. Aus Erfahrung kann ich euch außerdem empfehlen, die Karten mit der Option zu buchen, sie vor der Show am Box Office abzuholen. Habe ich sie mir zuschicken lassen, hat mich entweder die englische Post im Stich gelassen, oder mein eigenes Gedächtnis. 😀

Für einen guten Platz müsst ihr je nach der Bekanntheit und Beliebtheit des Musicals mit circa 30 bis 50 Pfund rechnen. Falls ihr euch entscheidet „last minute“ zu buchen, dann könnt ihr entweder ein richtiges Schnäppchen schlagen oder richtig Pech haben. Manchmal sind die Schnäppchen schon alle weg und es bleiben nur noch einzelne Plätze oder Plätze mit lausiger Sicht übrig. Überlegt euch vorher gut, ob ihr das Risiko eingehen möchtet! Wenn ich alleine unterwegs bin, bleibt mir natürlich immer die Möglichkeit, mir die Vorstellung einfach an einem anderen Tag anzuschauen – doch für Freunde und Familie, die mich nur für ein paar Tage besuchen kommen, wäre die verpasste Gelegenheit sehr schade, denn die habe ich mit meinem Musicalfieber teilweise ganz schön angesteckt. 😉

Mit meiner Mama habe ich mir zum Beispiel Kinky Boots angesehen, was ein sehr lustiges und aufmunterndes Musical ist. Mal ehrlich, schon bei der Vorstellung von Männern in High Heels, die zu Liedern von Cindy Lauper singen und tanzen, kann man nur anfangen zu schmunzeln. Außerdem verspreche ich euch, dass die Geschichte von Charlie, seiner Schuhfabrik und der Welt der Drag Queens, Travestiekünstler und Cross-Dresser euch das Gefühl geben wird, alles schaffen zu können, was ihr euch vornehmt! Mit meinem ehemaligen Nachbarn und seiner Mutter habe ich dagegen eine 180-Grad-Wende hingelegt und Das Phantom der Oper besucht. Obwohl dieses Musical nicht ganz so viele witzige Momente wie Kinky Boots hat, ist es trotzdem etwas ganz Besonderes, schon allein wegen der aufwändigen Kostüme und den tollen Bühnenbildern. Bisher wurde es in 27 verschiedenen Ländern inszeniert, hatte mehr als 130 Millionen Besucher und gilt damit als erfolgreichstes Musical aller Zeiten.

Mein absolutes Lieblingsmusical kann da noch nicht ganz mithalten, aber ich arbeite daran, denn The Grinning Man habe ich mir immerhin schon ganze 16 (!) Mal angesehen. 😀 Die Geschichte der Inszenierung basiert auf dem englischen Klassiker „The Man Who Laughs“ von Victor Hugo. Es geht um einen Jungen namens „Grinpayne“ – eine Wortzusammensetzung aus den Begriffen für Grinsen und Schmerz – dessen Gesicht als Kind entstellt wurde und der seine Eltern verloren hat. Als er ein Baby im Schnee findet, gerät er bei der Suche nach Hilfe an den Wolf „Mojo“ und seinen Herrn „Ursus“. Der Wolf und der wandelnde Puppenspieler nehmen die beiden Kinder auf und ziehen sie groß. Als die beiden Kinder älter werden, verlieben sie sich und reisen nach „LONN DONN“, einem fiktiven London aus dem Mittelalter mit balublütigen Familien und bekannten Schauplätzen. Hier fängt Grinpayne an sich zu erinnern, wer ihn in seiner Kindheit entstellt hat und die fantastische Gesichte nimmt ihren Lauf.

Für mich ist das Stück durch das Zusammenspiel von Musik, die einfach im Ohr bleibt, tollen Bühnenbildern und Geschichten in der Geschichte unglaublich einzigartig. Ich war übrigens nicht die einzige Verrückte, die sich in das Stück verliebt hat. Mit ein paar anderen „Wiederholungstätern“ wurde aus uns eine richtige kleine Fan-Gemeinde und wir haben uns sogar ein bisschen mit den Schauspielern angefreundet. Im Vergleich zu den großen und bekannten Musicals wie König der Löwen, Das Phantom der Oper oder Les Misérables, die natürlich auch viele internationale Besucher anziehen, sah man bei The Grinning Man eher ein lokales Publikum. Schade nur, dass die letzte Vorstellung schon Anfang Mai stattfand. Ich hoffe, das Stück kommt sehr, sehr bald zurück! Als Erinnerung an diese wunderschöne Zeit habe ich mir das Motiv des Huts mit dem ikonischen Grinsen unter die Haut stechen lassen. 🙂

Wenn euch das etwas zu viel des Guten ist, könnt ihr euch natürlich auch mit anderen Souvenirs zu den Musicals eindecken. Ich besorge mir eigentlich immer das Programmheft zur Show. Dafür muss man je nach Bekanntheit des Musicals zwischen 4 und 10 Pfund ausgeben, was sich jedoch meistens wirklich lohnt, denn es gibt viele Infos zu den Schauspielern und der Produktion selbst, die ihr sonst nirgendwo nachlesen könnt. Ansonsten könnt ihr euch mit allen möglichen Accessoires eindecken, von T-Shirts über Tassen bis hin zu Buttons ist hier für jeden etwas dabei aber man kann teilweise auch echt viel Geld ausgeben. Falls ihr etwas bestimmtes im Auge habt, solltet ihr vielleicht mal im Internet recherchieren, ob ihr etwas sparen könnt und die Reisekasse somit schont. 😉

Mein jüngster Musicalbesuch war bei Bat Out Of Hell, der mir dann auch prompt eine längere Diskussion mit ein paar Bekannten beschert hat. 😀 Ich bin der festen Überzeugung, dass das Stück mehr mit der Geschichte aus Peter Pan als mit Tanz der Vampire gemein hat. Die Hauptfigur Strat altert nicht und schart dementsprechend auch andere Charaktere, die ewig jung bleiben um sich. Die große Ausnahme ist Raven, die zwar unsterblich in Strat verliebt ist, aber nun mal auch altert – ihr seht schon, wo der Konflikt hier führt. Erst vor ein paar Wochen wurde bekannt gegeben, dass das Musical auch nach Oberhausen kommt. Mit folgender Musicalreise könnt ihr euch selbst ein Bild machen und mir danach berichten, ob ihr auch an Peter Pan und seine Freundin Wendy erinnert wurdet. 😉

Obwohl noch viele weitere Musicals auf meiner Liste stehen, die ich mir gerne anschauen möchte, habe ich Ende Mai dann auch das erste Konzert während meiner Zeit in London besucht. Mit dem Titel „No Filter“ hatten sich die Rolling Stones in das West Ham Stadium in Stratford eingebucht – hier fanden unter anderem 2012 die Olympischen Spiele statt, also eine mega Location! Eine Ticketagentur, die auch Schreibtische in unserem Bürokomplex gemietet hat, hatte noch ein einziges Ticket übrig, dass dann unter allen verlost wurde und ich war die Glückliche. YAY! 🙂 Am beeindruckendsten war für mich, wie die Band im Alter von Mitte 70 im wahrsten Sinne des Wortes einfach die Bühne gerockt hat! Schon im Radio sorgen Klassiker wie „Jumping Jack Flash“ oder „Satisfaction“ immer für gute Laune, doch diese dann live zu erleben, war unbeschreiblich. Solltet ihr also mal die Gelegenheit zu so einem Konzert haben, kann ich euch nur raten: Nichts wie los!

Ich hoffe, dass euch der Ausflug in die Londoner Show-Welt gefallen hat. Wenn ihr während eurer Reise in London ein bestimmtes Theaterstück oder Musical besuchen wollt, dann kontaktiert doch einfach meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Großbritannien und Irland Team für ein Angebot!

Bis zum nächsten Mal,

Sarah Hentschel | „Außenstelle“ London