Rückkehr nach Ruanda – Teil 2


Im ersten Teil von „Rückkehr nach Ruanda“ habe ich euch bereits über meinen ersten Tag im Vulkan-Nationalpark und meinem nun schon vierten Besuch bei den Gorillas berichtet. In diesem Jahr wollte ich jedoch gerne noch einen zweiten Tag im Park verbringen, denn hier kann man noch viel mehr erleben, als nur das spektakuläre Gorilla-Trekking. Nachdem ich mich mit mehreren Parkmitarbeitern und anderen Besuchern über das nötige Fitnesslevel erkundigt hatte, entschied ich mich dann den 3711 Meter hohen Mount Bisoke zu erklimmen. Mit dem Wort „erklimmen“ übertreibe ich hier übrigens nicht, denn der Weg war so furchtbar steil, trocken und rutschig, dass ich nach der ersten Stunde dachte, dass ich es nicht mehr bis ganz nach oben schaffe. Obwohl ich mich zwischendurch oft gefragt habe „Was mache ich hier eigentlich?“, bin ich dann nach drei Stunden und 1200 Höhenmetern trotzdem an der Spitze angekommen und wurde mit der wundervollen Aussicht auf das Dreiländereck zwischen Ruanda, Uganda und dem Kongo belohnt.

Nachdem ich mich von diesen Strapazen etwas erholt hatte, ging es dann auch schon auf ins nächste Abenteuer, denn mein Gastvater Gervais hat mich in Musanze abgeholt, damit ich vier Tage mit meiner Gastfamilie in ihrem kleinen Dorf namens Musekera am Ruhondo See verbringen konnte. Gervais hat mich allerdings nicht mit dem Auto vom Hotel abgeholt, sondern mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, sodass wir bis zu unserem Ziel mit dem Bus, dem Moped-Taxi und dem Boot unterwegs waren. Es ging allerdings nicht gleich in das Dorf meiner Gastfamilie, sondern ins Krankenhaus, denn die Schwester meiner Gastmutter Jacqueline erwartete ein Kind. Gerade diese alltäglichen Situationen miterleben zu dürfen, war unheimlich toll. In Ruanda ist es nämlich so, dass Besuche nicht im Inneren des Krankenhauses stattfinden, sondern einfach draußen im Innenhof. Außerdem gibt es auch keine Verpflegung im Krankenhaus, stattdessen bringen Angehörige und Familienmitglieder Kochtöpfe voll mit selbstgemachten Speisen mit, die dann gemeinsam gegessen werden.

Wenn ihr meinen ersten (B)Logbuch-Eintrag über Ruanda gelesen habt, dann wisst ihr sicher noch, dass ich besonders die Kinder der Familie in mein Herz geschlossen habe. Neben Kevin, dem Jüngsten, und Delphine, der Tochter der Familie, war diesmal auch der älteste Sohn Delphin zuhause. Letztes Mal überschnitt sich meine Reise mit der Schulzeit, während der er im Internat lebt. Als große Überraschung hatte ich Gastgeschenke mitgebracht. Der Fotokalender mit gemeinsamen Bildern meines letzten Besuches wurde direkt im Haus aufgehängt und nachdem die Regeln für Memory erklärt waren, wurden die bunten Karten, bedruckt mit Bildern der Familie und mir sowie den Tiere Afrikas, auch nicht mehr weggepackt. Das Malbuch, das ich samt Buntstiften mitgebracht hatte, kam allerdings erst zwei Tage später zum Einsatz, denn ein schwarz-weißes Buch in dem man sich kreativ austoben konnte, kannten die Kinder bis dahin nicht.

Für das Dorf, in dem meine Gastfamilie lebt, war mein Besuch natürlich eine große Attraktion. Alle wollten mich kennen lernen und waren sehr neugierig. Generell werdet ihr als „Weiße“ in Ruanda oft das Wort „Mzungu“ hören, was wörtlich soviel wie „Wanderer“ bedeutet, in den Sprachen von vielen afrikanischen Ländern aber benutzt wird, um Menschen mit europäischer Abstammung zu bezeichnen. Wir haben uns allerdings nicht die gesamte Zeit über im Dorf, sondern auch im „Resort“, wie die Einheimischen ein nahegelegenes Hotel immer nannten, aufgehalten. Da dort aufgrund der Nebensaison nicht sehr viel los war, hat mein Gastvater an einem Tag mit seinem Boot auf dem Ruhondo See Fisch gefangen, den er im Resort für uns hat braten lassen, was wirklich sehr schön war. Außerdem habe ich im Hotel am See noch eine ganz besondere Bekanntschaft machen können, denn Olga, eine junge Frau, die im Hotel arbeitet und als Waise in Ruanda aufgewachsen ist, kennt zwar nicht einmal ihr eigenes Alter, ist aber dennoch ein so lebensfroher und lustiger Mensch, der viele spannende Geschichten zu erzählen hatte. Schnell haben wir Freundschaft geschlossen und besonders witzig war das gemeinsame Fotoshooting, bei dem sie vor meiner Linse posierte. 

Gastfreundschaft wird übrigens in Afrika sehr groß geschrieben. Egal, ob es sich um meine Gastfamilie oder Unbekannte von der Straße handelte, alle waren super freundlich zu mir und taten alles, was in ihren Möglichkeiten stand, um mir einen schönen Aufenthalt zu bereiten. Nach dem Abendessen, das meine Gastmutter immer über dem offenen Feuer zubereitete, durfte ich nicht einmal helfen das Geschirr abzuwaschen. Wie es typisch für die ruandische Küche ist, kochte auch Jacqueline viel mit Gemüse, wie z.B. Maiskolben, Auberginen, Erbsen, Kartoffeln und Karotten, und fast jeden Tag gab es selbst gefangenen Fisch. Wie in meinem liebsten Restaurant, dem Shakey’s in Musanze, war Fleisch dagegen auch in meiner Gastfamilie ein Luxusgut. Über den Tag verteilt gab es meist nur kleine Portionen, zum Abendessen war der Teller dann allerdings randvoll. Aber zurück zur Gastfreundlichkeit: Auch bei Gervais‘ Bekannten, in einem kleinen Dorfladen, bekam ich direkt eine Cola angeboten. Das witzige dabei war, dass der Besitzer des Ladens dort selbst nicht mal Cola verkauft hat, sondern jemand losgeschickt wurde, extra um das Getränk für mich zu besorgen. 🙂

Die vier Tage in meiner Gastfamilie vergingen wie im Flug und viel zu früh hieß es schon Abschied nehmen. Nachdem wir unsere Verabschiedung auf Familienfotos festgehalten hatten, brachten Gervais und Jacqueline mich zurück nach Musanze, damit ich von dort aus wieder mit dem Bus nach Kigali und zurück nach Hause reisen konnte. Aber auch diesmal verlief unsere Reise nicht ohne Zwischenstopp, denn mittlerweile hatte Jacquelines Schwester ihr Baby bekommen und wir statteten beiden einen Besuch ab. Auch hier merkte ich wieder wie offen und herzlich die Menschen in Ruanda sind, denn obwohl wir uns kaum kannten, bekam ich das Neugeborene direkt in den Arm gedrückt! Manchmal kann ich selbst nicht fassen, dass ich all diese wundervollen Erlebnisse in nur 10 Tagen gemacht habe.

Ich bin sehr gespannt was Afrika noch alles für mich parat hält, aber seid euch sicher, ich werde es hier mit euch teilen! 

Bis zur nächsten Reise, denn die kommt bestimmt!

Michèle Rumpf | Profi für Dänemark und Skandinavien