Die Inseln des Lago Maggiore


Prachtvolle Villen, mondäne Städte am Seeufer, stille Klöster und blühende Parks – der Lago Maggiore lockt mit ganz verschiedenen Sehenswürdigkeiten, am liebsten genieße ich den See vom Wasser aus.

„Die Ruder waren lang. Ich zog sie durch, hob sie, beugte mich nach vorn, fand das Wasser, tauchte ein und zog – ruderte, so leicht ich nur konnte. Ich federte nicht, weil wir mit dem Wind fuhren. Ich wusste, dass ich Blasen bekommen würde, und suchte dies so lange wie möglich hinauszuschieben. Das Boot war leicht und ruderte sich gut. Ich ruderte es in dem dunklen Wasser vorwärts. Ich konnte nichts sehen und hoffte, dass wir bald auf der Höhe von Pallanza sein würden.“
Ich schaue über den See hinüber in das in der Sonne liegende Pallanza, lege das Buch zur Seite und bin sehr froh, nicht über den Lago Maggiore rudern und mir dabei Blasen an den Händen holen zu müssen, wie der Held in Ernest Hemingways Roman „In einem anderen Land“, den ich mir mitgenommen habe. Hemingway beschreibt darin eine nächtliche Bootsfahrt von Stresa bis auf die Schweizer Seite des Lago Maggiore, eine ganz hübsche Strecke, die man nicht bei Nacht und auch nicht am Tag rudern möchte. Stattdessen habe ich das Glück auf der Terrasse eines Restaurants auf der Isola de Pescatori, der Insel der Fischer, zu sitzen und lasse mir – der Name der Insel ist hier Programm – ein leckeres Fischgericht schmecken und freue mich auch schon auf den Nachtisch.

Die Isola de Pescatori liegt zwischen den Orten Stresa und Pallanza im Lago Maggiore, dem nach dem Gardasee zweitgrößten der norditalienischen Seen. Zusammen mit der Isola Bella (der schönen Insel) und der Isola Madre gehört sie zu der kleinen Gruppe der Borromäischen Inseln, die – selber Name, daher leicht zu merken – im Borromäischen Golf liegen, jener Stelle, an der der Lago Maggiore am breitesten ist. Namensgeber war die Adelsfamilie Borromeo, die einst die Region beherrscht hat und in Form von Palästen, Kirchen und Villen rund um den Lago Maggiore eindrucksvolle Spuren hinterlassen hat. Komplettiert wird die Inselgruppe durch eine vierte Insel, die allerdings nicht mehr als ein Felsen mit einem schattenspendenden Baum ist und die Insel der Liebenden genannt wird. Mehr Platz braucht ein Liebespaar ja auch nicht.

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Rudern muss heute keiner mehr auf die Inseln. Regelmäßig verkehren Linienboote von Stresa aus, mit denen man auch weiter nach Pallanza und Baveno am anderen Seeuferfahren kann. Man kann aber auch mit privaten Motorbooten von Stresa aus übersetzen, die nicht nach Fahrplan ablegen und daher flexibler sind. Zudem lohnt es sich, die Preise zwischen Linienboot und Privatbooten zu vergleichen, wenn man vor Ort ist. Denn die Überfahrt mit dem Linienschiff muss nicht unbedingt günstiger sein.
Schön sind alle drei Inseln, weshalb man für einen Besuch auch immer genügend Zeit mitbringen sollte, damit eine Inseltour nicht zur Hetzerei ausartet. Mein Favorit ist die Fischerinsel. Als einzige der drei großen Inseln ist sie bis heute bewohnt. Fischer, die der Insel einst den Namen gegeben haben, leben allerdings heute keine mehr hier. Eigentlich sollte man die Insel heute eher die „Insel der Restaurants“ nennen, von denen es jede Menge hier gibt und die vor allem tagsüber, wenn viele Tagesausflügler kommen, gut frequentiert sind. Der Trubel ist dann groß, aber trotzdem hat die Insel noch immer viel Charme und am späten Nachmittag und besonders am Abend, wenn ein wenig Ruhe einkehrt, herrscht eine wunderbare Atmosphäre auf der Insel. Man kann durch schmale Gassen bummeln, kommt durch steinerne Unterführungen und auch die aus dem 11. Jahrhundert stammende Kirche mit dem spitzen Glockenturm ist einen Besuch wert. Nicht vergessen: es gibt leckeren frischen Fisch auf der Insel. Übernachtungsmöglichkeiten habt ihr auf der Isola de Pescatori übrigens auch zu Genüge, besonders wenn man zu zweit reist, ist das eine romantische Alternative zu einer Unterkunft auf dem Festland.


Kaum mehr als einen Steinwurf von der Isola de Pescatori entfernt, liegt die Isola Bella, die ihrem Namen jetzt aber wirklich gerecht wird. Die Insel besteht praktisch ausschließlich aus einem Palast und der dazu gehörenden Parkanlage. Der barocke Palast selbst würde eine perfekte Kulisse für einen Märchenfilm abgeben, mit Ballsaal und verwunschener Grotte inklusive. Ihren Namen erhielt die Insel nach Isabella, der Gemahlin des Grafen Carlo Borromeo, der im 17. Jahrhundert mit dem Bau des Palastes auf der Insel begann. Der grandiose Barockpalast ist heute ein regelrechtes Museum, in dem man Möbel, Waffen, Gemälde und Einrichtungsgegenstände aus drei Jahrhunderten bewundern kann. Es ist schon sehr eindrucksvoll, was die Herrscher aus der Familie der Borromeo hier zusammengetragen haben. Besonders eindrucksvoll sind auch die unterirdischen Säle, die wie Zaubergrotten wirken. Sie sind mit Tuffstein verkleidet und die Künstler haben die Decken und Wände mit Zauber- und Fabelwesen dekoriert.

Von diesen Sälen aus gelangt man in den Park, der in Form eines italienischen Gartens gestaltet ist. Dieser Garten liegt auf zehn Terrassen, die zusammen eine Pyramide bilden. Auf der obersten Terrasse findet man einen wahren Wald aus Statuen, darunter auch ein Einhorn, das Wappentier der Borromeo.
Für Gartenfreunde ist die Isola Bella natürlich ein Fest, doch vermutlich kommt ihr auf der Isola Madre noch mehr auf eure Kosten. Diese dritte Insel ist die größte der drei Borromäischen Inseln. Auch hier haben die Borromeo gebaut und zwar im 16. Jahrhundert einen Renaissancepalast, der dazu gehörende Garten der Insel ist einer der ältesten in ganz Italien. Berühmt ist der Garten für seine Kamelien, die wegen des milden Klimas hier besonders gutgedeihen. Über 150 Arten findet man auf der Insel. Der Palast selbst ist heute ein Museum, in dem die Borromeo Möbel ausgestellt haben, die vorher in verschiedenen Wohnhäusern ihrer Familie standen.

Thomas Burgert | Freier Journalist und Service-Reisen Presseverantwortlicher